8 Tage ohne Sturmflutschutz im November: Gründe, Aktionen, Forderungen

Am 22.1. fand in der Gaststätte zur Post in Cranz auf Einladung des Arbeitskreises Cranz eine Information der BUE (Behörde für Umwelt und Energie) und der HPA (Hamburg Port Authority) zu den Vorgängen am äußeren Sperrwerk statt.

Verschlickter Werftbereich an der Estemündung direkt vor dem Sperrwerk

Gekommen waren Vertreter beider Behörden, um den besorgten Anwohnern aus Cranz, Neuenfelde und aus den Ortschaften entlang der Este Auskunft zu geben.

Was war passiert?

Im November letzten Jahres konnten beide Tore (elb- und esteseitig) nicht mehr geschlossen werden. Die Tore waren auf verfestigte Sände im Sperrwerksbereich aufgelaufen und der Schließvorgang musste abgebrochen werden, um die Tore nicht zu beschädigen. Direkt vorausgegangen waren Spül- und Hebearbeiten am abgesoffenen Ponton in einem der Sietas-Docks, um diesen wieder für die Arbeiten am WSA-Bagger frei zu räumen.

Dabei ist wohl viel Schlick, Kleie und Sand in Bewegung geraten, der sich dann im Sperrwerksbereich abgesetzt hatte. Wahrscheinlich war aber auch schon vorher eine Versandung gegeben, sodass dieser Vorfall den letztendlich Ausschlag für den neuerlichen Ausfall der Sperrwerkstore gegeben hat.

Die HPA hat schnell reagiert. Sie hat dreimal baggern müssen, um die 4 Tore wieder gängig zu kriegen. Die ganze Aktion dauerte 8 Tage. In dieser Zeit bestand kein Sturmflutschutz an der Este.

Die HPA hat keine Behörden außerhalb Hamburgs informiert: weder den Landkreis Stade, noch den NLWKN noch den Deichverband. Das Hamburger Abendblatt und danach das Buxtehuder Tageblatt haben den Vorfall an die Öffentlichkeit gebracht.

Die Information der HPA am 22.1.

Auf der Veranstaltung wurde seitens der HPA umfänglich und detailliert die Bauweise des Sperrwerkes, der Vorfall aus dem November und die Reaktion der HPA dargestellt. Dieses wollen auch wir anerkennen.

Aber trotzdem war fast allen Zuhörern deutlich, dass hier nur die Maßnahmen der HPA im direkten Sperrwerksbereich – eigentlich nur im Schwenkbereich der Stemmtore – Thema war. Alle grundsätzlichen Probleme und Risiken wurden weder angesprochen oder sogar wegdiskutiert.

Was muss man dazu wissen?

Die Untereste ist besonders im Mündungsbereich von Sietas bis zur äußeren Estemündung komplett verschlickt. Dieses hat sich nach der letzten Elbvertiefung und der Einstellung des Schiffbaus der Sietaswerft drastisch verschlechtert.

Hoch aufgeschlickte Fahrrinne außerhalb des Sperrwerkes

Direkt außerhalb des Schwenkbereiches der Sperrwerktore liegen die Schlick- und Sandbänke 2 Meter höher, als im Sperrwerk selbst. Das Sperrwerk bewegt sich also in einer 2 Meter tiefen Kuhle. Ständig rutschen Schlick und auch Sände in den Sperrwerksbereich hinein. Die Kuhle selbst wirkt auch als Schlickfalle, da das Estewasser nicht ungehindert abfließen kann.

Deshalb muss sehr viel Aufwand getrieben werden, um das Sperrwerk gängig zu halten. In den Stemmtoren sind Spühllanzen und Schlickquirle eingebaut, die den Sperrwerkuntergrund immer wieder verflüssigen sollen. Dazu werden alle 48 Stunden Schließungen der Sperrwerkstore durchgeführt, um zu räumen und die Gängigkeit der Sperrwerkstore zu testen. Hinzu kommt ein Überwachungskonzept über Hydraulikdrücke, Schließzeiten und Sedimentationsveränderungen, um die Situation zu beherrschen.

Und trotzdem ist dieses der 2. Unfall in 8 Jahren. Das System ist – trotz aller Bemühungen der HPA – offenbar stark anfällig gegenüber der Sedimentierung im Sperrwerksbereich.

Welche Behörde verantwortet was?

Es wurde deutlich, dass jede Behörde nur ihr abgegrenztes Gebiet bearbeitet: Die HPA schaut nur auf das Sperrwerk – für alles andere erklärt sie sich nicht für zuständig. Das WSA ist für die Durchgängigkeit der Wasserstraße zuständig, lässt aber trotzdem alles verschlicken und versanden, weil kein direkter wirtschaftlicher Bedarf zu sehen ist. Den Katastrophenschutz verantwortet die Innenbehörde und kommt nur dann ins Spiel, wenn alles schon zu spät ist.

Es gibt kein Gesamtkonzept für die untere Este im Mündungsbereich der Este.

Entweder müsste im größeren Umfeld des Sperrwerkes regelmäßig gebaggert werden oder eventuell auch mit anderen Maßnahmen, die Ablagerungen im Mündungsbereich stark gemindert werden.

In dieser Richtung ist nichts zu erkennen. Kein Problembewusstsein, Behördenprioritäten und sicherlich finanzielle Restriktionen „von oben“, die jede grundsätzliche behördenübergreifende Lösung von Anfang an unmöglich machen.

Aber so kann es nicht dauerhaft weitergehen.
Die Behörden dürfen den Kopf nicht in den Sand stecken. Wenn die Gesamtverschlickung so weitergeht – man schaue auf die schon fast komplette Verlandung des Mühlenberger Loches – wird die Situation an der Estemündung immer kritischer und es wird Rückwirkungen auf die gesamte Este bis hin nach Buxtehude geben.

Deshalb:

Wir fordern ein übergreifendes Schutzkonzept für die untere Este.

Behördenübergreifendes Planen und Arbeiten!!

Entwicklung grundsätzlicher Lösungen und nicht nur Schadensbegrenzung.

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