Grünes Umweltministerium verhindert ganzheitlichen Hochwasserschutz an Este und Lühe.

Offener Brief an die Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN im niedersächsischen Landtag
Das Niedersächsische Deichgesetz (NDG) nimmt keine Rücksicht auf die Situation im Alten Land.
Das NDG – 2004 von der konservativen Regierung in Hannover beschlossen – stellt die Deiche der Nebenflüsse Este und Lühe den Hauptdeichen an Elbe und Nordsee gleich. Laut Gesetz gilt deshalb: kein Haus, kein Baum vor, auf und 50 m hinter dem Deich! Ausnahmen dürfen auf Widerruf erteilt werden. Es bleibt offen, wann und unter welchen Bedingungen Ausnahmen erteilt werden können. Damit haben die Jahrhunderte alten Dörfer im Alten Land per Gesetz keine Daseinsberechtigung mehr. Die Bewohner sind willkürlichen Entscheidungen der Behörden und Deichverbände ausgeliefert. Bei Starkregen und gleichzeitiger Schließung der Sperrwerke können die Flächen zwischen den Deichen als Polder genutzt werden, egal, ob Keller und Wohnzimmer und vieles mehr überflutet werden. Man geht vom Gesetz aus und nicht von der Lebenssituation der Menschen.

Rechtlosigkeit und Schikanen: das ist die Wirklichkeit des NDG
Die Schikanen sind einerseits willkürlich aber doch auch zielgerichtet, um ein normales Siedeln und Leben an den Flussdeichen im Alten Land langfristig zu unterbinden. Obwohl Bestandsschutz besteht, werden oft Baugenehmigungen nicht oder nur auf Widerruf erteilt. Offen wurden vom bisherigen Techniker des Deichverbandes die historischen Siedlungsstrukturen in Frage gestellt. Denkmalgeschützte Häuser oder Ortsbilder werden nicht mehr als Schutzgut angesehen. Ortstypische Baumbestände sollen verschwinden. Die Zone mit eingeschränktem Eigentum beträgt 50m  vom Deich. Innerhalb dieser Zone bedürfen bauliche Änderungen deichrechtlicher Genehmigungen, von einem Verband, in dem die Vertreter noch immer nach Ständewahlrecht des Mittelalters gewählt werden und der daher von einer Handvoll Großeigentümer aus Buxtehude kontrolliert wird. Dieser Verband setzt seine Interessen hart durch, bis in die Eigentumsverhältnisse von Privatleuten. Das alles scheint das Umweltministerium nicht wirklich zu stören.
Die Rot-Grüne Regierung beharrt auf aktueller Gesetzeslage
Das zuständige Umweltministerium wurde nach dem Regierungswechsel den Grünen zugesprochen. Hoffnung keimte im Alten Land auf. Schließlich predigen die Grünen immer den ganzheitlichen Hochwasserschutz. Starkregen soll schon in der Fläche zurückgehalten werden, damit Überschwemmungen im Unterlauf der Flüsse verhindert werden. Renaturierung steht vor Eindeichung. Entsprechende Willensbekundungen gab es auf Bundesebene, doch für Este und Lühe änderte sich nichts.
Im Gegenteil lobte die Staatssekretärin bei einer Podiumsdiskussion im Alten Land das NDG als eines der besten Deichgesetze in Deutschland. Das Wort Bestandsschutz wurde  von der Staatssekretärin nicht mehr in den Mund genommen.
Wut, Empörung und Enttäuschung waren die Reaktionen der Altländer, auch derjenigen, die den Grünen ansonsten nahestehen.
Das NDG entspricht nicht der übergeordneten Gesetzeslage
Das Niedersächsische Deichgesetz von 2004 konstruiert ein Küstenschutzsystem, bestehend aus Küstendeichen und Flussdeichen, die alle gleichgestellt sind und zum Küstenschutz beitragen. Das NDG durchschneidet damit die  Flussgebietseinheiten in tidebeeinflusste Unterläufe, die es den Deichverbänden zuordnet, und deren Oberläufe. Es ignoriert die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung der Flusssysteme. Das später auf Bundesebene folgende Wasserhaushaltsgesetz und die europäischen Richtlinien dagegen stellen den Gesamtzusammenhang der Flüsse her und verlangen ein einheitliches Hochwassermanagement entlang der Flüsse. Das NDG wurde bis heute nicht an diese übergeordnete Gesetzeslage angepasst.
Das Niedersächsische Umweltministerium übernimmt keine Verantwortung.
Immer wieder haben Bürger des Alten Landes sowie die örtlichen Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen den Herrn Umweltminister angeschrieben, um den Schutz ihrer Dörfer durch einen ganzheitlichen Hochwasserschutz von der Quelle bis zur Mündung einzufordern. Die Antworten kamen entweder gar nicht oder es wurde lapidar auf die Zuständigkeit der Kommunen hingewiesen. Selbst die eigenen Parteifreunde der Ortsgruppe Jork, erhielten keine  Antwort auf ihr jüngstes Schreiben. Trägt solches Verhalten vielleicht zu Politikverdrossenheit bei? Aktuell erhielt der Landtagsabgeordnete Helmut Dammann-Tamke  (CDU) auf seine schriftliche Anfrage zum Hochwasserschutz an der Este eine Antwort des Umweltministeriums. Wieder wird dort auf die Zuständigkeit „örtlicher Akteure“ hingewiesen, das Deichgesetz sei einzuhalten, Bestandschutz für abgebrannte Häuser sei nicht gegeben und abgängige Bäume dürfen auch nicht neu angepflanzt werden.
Das Stillhalten und Abwälzen von Verantwortung wurde von diesem Ministerium zum Regierungsprinzip erhoben. Dabei gibt es hier kein neutrales „Stillhalten“. Wer den Dingen seinen Lauf lässt, ist parteiisch und fördert aktiv diese unhaltbare Politik gegenüber dem Alten Land. Dieses gilt nicht nur für das Umweltministerium, sondern auch für die Landtagsfraktion der Grünen!
Buxtehude plant jetzt Deiche im Stadtgebiet.
Buxtehude liegt im Flussverlauf der Este oberhalb des Alten Landes. Um das Stadtgebiet zu schützen, läuft aktuell ein Planfeststellungsverfahren für den Bau von Minideichen. Starkregen soll so rasch in den Unterlauf der Este abgeleitet werden. Alternativen zur Regenrückhaltung oberhalb des Stadtgebietes werden ohne nachprüfbare Begründung abgelehnt. Das NDG ermöglicht es Buxtehude, die Kosten für die geplanten Maßnahmen zu 100% aus Bundesmitteln zu erhalten. Bei sinnvollen Alternativen muss die Stadt 30% der Kosten selbst tragen.-Die Planung wird vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) ausgeführt. Oberster Dienstherr dieser Behörde ist der Niedersächsische Umweltminister. Er trägt die politische Verantwortung für diese unsinnige Planung. Er könnte kurz und knapp klar stellen, dass solche isolierten Hochwasserschutzplanungen, die zudem gegen das Verschlechterungsverbot verstoßen, ohnehin nicht genehmigungsfähig seien. Stattdessen werden vorab Finanzierungszusagen erteilt.
Appell an alle Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN im niedersächsischen Landtag für eine Gesetzesinitiative.
Vielen Politikern, auch Landtagsabgeordneten wurde die Situation vor Ort an Este und Lühe verdeutlicht. Immer wurde Verständnis signalisiert, doch geändert hat sich bis heute nichts. Daher appellieren wir mit diesem offenen Brief an alle Landtagsabgeordneten von Bündnis90/DIE GRÜNEN, sich für eine Änderung des NDG einzusetzen. Die Deiche an Este und Lühe dürfen nicht länger als Küstenschutzdeiche, die sie nicht sind, eingeordnet werden. Nur so lässt sich das wertvolle Kulturgut Altes Land schützen und der Weg wird frei für einen ganzheitlichen Hochwasserschutz von der Quelle bis zur Mündung und, last but not least wird  Rechtssicherheit wird für Bewohner des Alten Landes geschaffen.
Wir fordern auch von der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN, ihre parlamentarische Aufsichts- und Kontrollpflicht gegenüber dem von ihrer Partei gestellte Umweltministerium wahrzunehmen. Weiterhin fordern wir:
– Ganzheitlichen Hochwasserschutz von der Quelle bis zur Mündung.
– Retentionslösungen für die Este anstatt Flutung der Dörfer an der Untereste.
– Anerkennung der Deichhufendörfer von Este und Lühe als schützenswerte Kulturgüter
– Gründung eines Unterhaltungsverbandes für die ganze Este von der Quelle bis zur
Mündung.

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