Wir veröffentlichen hier den Redebeitrag und die Positionierung der IG – Este auf der Infoveranstaltung des Gemeinderates Jork am 14.11.2013 zur Buxtehuder Hochwasserschutzplanung. Ein ausführlicher Bericht zu der sehr gelungenen Veranstaltung, an der über 200 interessierte Besucher teilnahmen, erfolgt zeitnah.
Liebe Freunde aus allen Ortseilen entlang der Este, liebe Vertreter des Gemeinderates in Jork, verehrte Gäste .
Der heutige Informationsabend wäre sicherlich nicht zustande gekommen, wenn wir Esteanlieger uns nicht in der IG-Este organisiert und deutlich unsere Stimme in der Öffentlichkeit erhoben hätten. Es geht ja auch um sehr viel! Es geht um unser Leben auf dem Deich, um den Schutz unser Häuser und Gärten vor Überflutung und um den Schutz der Häuser vor dem Deich. Die heutige Veranstaltung wäre aber auch nicht zustande gekommen, wenn nicht der Rat der Gemeinde Jork uns so positiv begleitet, uns unterstützt und auch diese Veranstaltung organisiert hätte. Vielen Dank dafür! Wir bedanken uns auch dafür, dass die eingeladenen Gäste sich uns für Information und Diskussion zur Verfügung stellen.
Jetzt zu den Fakten: Es ist geradezu Allgemeingut des Hochwasserschutzes seit vielen Jahren, dass Flüsse ganzheitlich betrachtet werden müssen – von der Quelle bis zur Mündung. Die Hauptstichworte sind hierbei: Renaturierung der Oberläufe, Versickerung der Oberfächenwässer und Hochwasserrückhaltungen. Und man beginnt immer an der Quelle. Jede frühzeitige Reduzierung der Fließgeschwindigkeit, jede frühzeitige Versickerung, jede Rückhaltung im Oberlauf vereinfacht die wasserbaulichen Maßnahmen entlang des Flusslaufes. Ansonsten fließen große Wassermassen bei Starkregen zusammen, die dann nicht mehr oder nur mit sehr viel Aufwand zu beherrschen sind. Also nicht nur eine technische, sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Nichts davon haben wir bisher gesehen: Keine Maßnahmen im Oberlauf der Este; nur abschnittsweise Planung – wie jetzt in Buxtehude. Eine einseitige und egoistische Planung . Buxtehude, obwohl die Stadt selbst optimale Bedingungen für eine Rückhaltung im Estetal hat, will sie Starkregenfälle nur durch die Stadt hindurchleiten, indem die Este mit Minideichen, Spundwänden und Betonwänden kanalisiert wird. Dann braucht man natürlich ein Auffangbecken – einen Polder – der diese Wassermenge aufnehmen kann. Dafür hat man dann das Vordeichgebiet der Este wiederentdeckt. Und zwar mit unseren historischen Siedlungen, unseren Gärten, Kellern und Häusern in Moorende, Estebrügge, Hove, Königreich, Leeswig, aber auch ein Siedlungsgebiet in Hamburg-Cranz mit vielen Wohneinheiten, Grundschule und Kindergarten. Das ist wieder einmal mehr das Weiterleiten des Hochwassers von einem zum anderen nach dem Motto: Nach uns die Sintflut. Das stellt die Absichten des Wasserhausgesetzes geradezu auf den Kopf. Wir dagegen fordern: – Ganzheitliche Hochwasserschutzplanung für die Este von der Quelle bis zur Mündung. – Gründung eines regional übergreifenden Este – Unterhaltungsverbandes
Wir wissen, dass die Deiche noch entsprechend gewidmet sind. Das waren sie 1959 erst recht. Damals gab es regelmäßige Überflutungen von der Elbe her. Viele ältere Mitbürger wissen noch sehr gut, was es bedeutet, wenn schlickiges Wasser die Gärten überflutet, wenn es dann durch ältere Backsteinfundamente sofort in die Keller und Häuser eindringt. Wenn es dann Bauschäden erzeugt, Einrichtungen verwüstet, den modrigen Gestank des Estewassers in den Häusern hinterlässt. Nicht zu vergessen die Obstplantagen im Vordeichgebiet mit empfindlichen Obstgehölzen, die bei einer Überflutung bedroht sind. Mit dem Bau des ersten Sperrwerkes in Cranz und mit den später erbauten Sperrwerken ebenfalls, änderte sich alles grundsätzlich. Wir sind seitdem vor Sturmfluten geschützt. Und nicht nur das: Wird ein höherer Hochwasserpegel erwartet, schließt das Sperrwerk entsprechend, sodass ein maximaler Hochwasserpegel nicht überschritten wird. So haben wir seit 1959 nicht nur einen Schutz vor Sturmfluten, sondern auch eine Pegelkontrolle in der Este. Auch wenn es immer noch Optimierungsbedarf bzgl. der Schließzeitpunkte des Sperrwerkes gibt, müssen wir anerkennen, dass hier ein Durchbruch im Hochwasserschutz gelungen ist- auch für die Buxtehuder Bürger. In der Folge konnte auch in den Estedörfern die Zivilisation einziehen: Toiletten und Bäder wurden gebaut, Renovierungen, Elektrizität, moderne Heizungsanlagen konnten wie allgemein üblich in die Keller verlegt werden. Darüber hinaus auch angelegte Gärten und Restaurationen mit Kaffeegärten – schlichtweg alles, was auch die Schönheit des Alten Landes mit ausmacht. Und jetzt werden wir vom NLWKN und von Buxtehude als Hochwasserpolder wiederentdeckt. Bis zur einer Höhe von 4,0 m über NN werden die Vordeichgebiete in den Esteorten als Polder herangezogen, und damit auch die Gärten und Häuser. Bei 4,0m Hochwasser wird in vielen Häusern, der Hochwasserpegel in den Häusern über der Duschwanne und dem Toilettenrand stehen und riesige Wassermengen werden in die Kanalisation fließen. Was dann wohl alles geschieht? Der Phantasie seien hier keine Grenzen gesetzt. Nein – das ist nicht Hochwasserschutz! Das ist eine gedankenlose Planung mit einer großen Rücksichtlosigkeit gegenüber den vielen Bürgern entlang der Este. Damit wir nicht missverstanden werden: Die Interessen Buxtehudes, sich vor Hochwasser zu schützen, sind berechtigt. Aber die Konsequenz kann nur eine gemeinsame Lösung aller Anrainer sein, nie eine einseitige Lösung.
Deshalb fordern wir: Hochwasserschutz für alle!
Man kann sehr schnell in einer einfachen Überschlagsrechnung berechnen, wie schnell sich für den Lastfall 2 – also für das 10-jährige Hochwasser – das Flussbett der Este füllt. Je nachdem, ob man mit 22 cbm/sec oder 35cbm/sec rechnet, füllt sich das Flussbett in 3,5 bis 6 Stunden. Danach überfluten dann Gärten, Keller und Häuser. Man sieht aber auch in den Überschlagsrechnungen sehr schnell, wie gravierend sich die Rechnung zum Positiven verändert, wenn man im Oberlauf ein Polder von ca. 2,6 Mio cbm ansetzt, so wie es Buxtehude einst selbst geplant hatte. Nicht nur, dass dann die Zeit, bis sich Polder und Esteflussbett gefüllt haben, extrem verlängert. Auch ist über das Wehr des Rückhaltepolders die Wassermenge regulierbar, sodass damit sowohl Buxtehude als auch die Untereste vor Hochwasser geschützt wäre. Deshalb fordern wir Esteanlieger: – Renaturierung der Obereste, um die Fließgeschwindigkeit abzusenken. – Bau eines Querdammes im Estetal mit Wehr. – Regulierung des Hochwasserstandes im Starkregenfall.
Alles Maßnahmen, die an vielen Stellen in unserem Lande realisiert wurden. Diese Maßnahmen sind oftmals die einzige Möglichkeit von Städten und Orten, gerade mit noch bergigerem Hinterland, sich vor Hochwasser zu schützen. Wieso gerade Buxtehude diesen Weg ablehnt, ist absolut unverständlich und gegen jede Erfahrung. Es fallen uns nur die finanziellen Fehlanreize über die 100 % ige Finanzierung aus Küstenschutzmitteln ein, die hier derartige Irrationalitäten und egoistische Vorgehensweisen erzeugen.
Und was sagen die Gesetze dazu? Es besteht keine Wasserabnahmepflicht des Unteranrainers gegenüber dem Oberanrainer, somit werden damit die Grundrechte der Bürger ausgehebelt, die Pflichten im Planfeststellungsverfahren verletzt und erst Recht die übergeordneten gesetzlichen Bestimmungen missachtet. Und diese sind ganz eindeutig:
Die Richtlinie 2007/60/EG des Europäischen Rates zum Hochwassermanagement:
Die nachhaltige Gewässerbewirtschaftung hat ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu gewährleisten; dabei sind mögliche Verlagerungen nachteiliger Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes sowie die Erfordernisse des Klimaschutzes zu berücksichtigen.
14) Bei den Hochwasserrisikomanagementplänen sollte der Schwerpunkt auf Vermeidung, Schutz und Vorsorge liegen. Um den Flüssen mehr Raum zu geben, sollten in den Plänen, sofern möglich, der Erhalt und/oder die Wiederherstellung von Überschwemmungsgebieten sowie Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung nachteiliger Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe und wirtschaftliche Tätigkeiten berücksichtigt werden
§15 fordert: „…den Grundsatz der Solidarität ein und das es eine faire Teilung der Zuständigkeiten geben soll…“
In Absatz 4 heißt es dazu ergänzend: „…Hochwasserrisikomanagementpläne dürfen keine Maßnahmen enthalten, die das Hochwasserrisiko anderer Regionen, flussauf- oder flussabwärts, erheblich erhöhen…“
Von Fairness und Solidarität können wir zur Zeit nicht viel merken.
Und im Wasserhaushaltsgesetz steht in §6: (1) Die Gewässer sind nachhaltig zu bewirtschaften, insbesondere mit dem Ziel, „..natürliche und schadlose Abflussverhältnisse zu gewährleisten und insbesondere durch Rückhaltung des Wassers in der Fläche der Entstehung von nachteiligen Hochwasserfolgen vorzubeugen…“
Was soll man da noch hinzufügen! Die Passagen aus den Gesetzestexten sprechen doch für sich. Es soll gerade verhindert werden, dass durch abschnittsweise Planung das Hochwasser nur von einem zum anderen geschoben wird – solange bis irgendwo Dämme brechen oder Häuser geflutet werden. Diese Gesetze werden von Buxtehude und dem NLWKN geradezu auf den Kopf gestellt.
Nein, wir lassen uns so nicht zum direkten Opfer einer kompletten Buxtehuder Fehlplanung machen. Unsere Interessen der Esteanlieger und der Gemeinde Jork müssen in vollem Maße im Planfeststellungsverfahren berücksichtigt werden. Alle Alternativen, und dazu gehört auch der Querdamm mit Rückhaltebecken, müssen hinsichtlich ihrer Auswirkung auf alle betroffenen Parteien abgewogen werden. Und eine Kanalisierung der Este in Buxtehude ist mit Sicherheit eine technisch engstirnige und einseitige Maßnahme, die in keinem Planfeststellungsverfahren vor Gericht Bestand haben wird. Den Zeitverzug seit 2002 wird man nicht mehr aufhalten können. Und man kann den Zeitverzug erst recht nicht auf dem Rücken anderer Esteanrainer lösen. Es ist Zeit, dass die Buxtehuder Politik umkehrt und endlich zu einer ganzheitlichen Planung kommt und eine Rückhaltung im Oberlauf in Angriff nimmt. Wir sind doch eigentlich die natürlichen Verbündeten, wenn es darum geht, gegenüber Kreis und Land eine nachhaltige Hochwasserschutzlösung für alle mit voller Finanzierung durchzusetzen.
Hochwasserschutz für alle erreicht man nur durch Zusammenarbeit!
Schön, dass es dafür Facebook gibt 🙂 hat auch Vorteile und man ist schnell informiert